"Heile Umwelt als Inclusiv-Tour (IT)"

Ansätze und neue Wege in der infrastrukturellen Freizeitentwicklung

Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen
1. Ansätze in der infrastrukturellen Freizeitentwicklung
1.1. Einführung
1.2. Wasserverschwendung und -verschmutzung
1.3. Umweltschäden in der Luft
1.4. Umweltschäden im Gebirge
1.5. Tourismus und Menschenrechte
2. Wachsende Sensibilität für Umweltprobleme in Urlaubsregionen
Literaturangaben

Teil 1:

Vorbemerkungen

Obwohl die Untersuchungen auf diesen Seiten zum Teil aus den 80iger Jahren sind, bleibt doch bei näherem hinsehen ihre Aktuallität erhalten. Tourismus-Industrie und Touristen suchen nach den letzten Paradiesen dieser Erde, die es dann zu erobern und zu vermarkten gilt. Sind sie dann erst einmal gefunden, erobert, und von vielen besucht, werden die nächsten Paradiese gesucht. Doch soviele gibt es nicht mehr auf dem blauen Planeten. Touristen werden sensibler für die ökologischen Probleme der Zielländer und und reagieren entsprechend darauf. Sanfter oder alternativer Tourismus findet sich immer noch zu selten bei den Anbietern. Einige kleinere Anbieter und Kommunen bewegen sich weg vom Massentourismus und hin zu einem sanften umweltverträglichen Tourismus, was gut für die Ökölogie aber weniger gut für die Ökonomie der betroffenen Unternehmen ist. Die Einheimischen, die Umwelt und die Zufriedenheit der Kunden werden ihnen dies langfristig danken.

J. Scherer, Januar 2001

1. Ansätze in der infrastrukturellen Freizeitentwicklung

1.1. Einführung

Durch die Öffnung der Grenzen zwischen Ost- und Westeuropa, durch die Einführung des Europäischen Binnenmarktes 1993, durch immer mehr frei verfügbares Einkommen für mehr Freizeit und Erholung und durch das stark anwachsende Bedürfnis nach Naturerleben wird der Tourismus in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach weiter wachsen - und mit ihm möglicherweise auch die Belastung für Natur und Umwelt zu und in den Urlaubsregionen.

Doch bereits heute werden von den Urlaubsgästen in den Zielgebieten immer mehr Umweltprobleme bemerkt und als störend empfunden. Wie sehr die Umweltbelastungen immer mehr in das Blickfeld der Urlauber rücken, zeigen die Ergebnisse aus den Reiseanalysen von 1985 und 89 des Starnberger Studienkreises für Tourismus. Während 1985 knapp 30% der Reisenden in ihren Urlaubsgebieten auf Umweltprobleme wie abgestorbene Bäume, Müll, Verkehrslärm, Verbauung der Landschaft etc. stießen, waren es 1989 fast 60%.

Daß die Tourismus - Industrie mit der Umwelt nicht immer pfleglich umgeht, zeigt sich leider in fast allen Urlaubsgebieten. Doch wo Raubbau an der Natur getrieben wird, rächt diese sich früher oder später mit direkten und indirekten Folgen.

Die Touristiker bekommen die Rechnung für eine zerstörte Umwelt sogar schneller präsentiert als andere Branchen, denn mit der kaputten Umwelt zerstört der Tourismus sein Kapital. Dieser Gedanke lag den Tourismusmanagern lange Zeit fern, denn Natur und Landschaft schienen im Überfluß zur Verfügung zu stehen. Noch heute gibt man sich gerne der Illusion hin, es gäbe noch viele unberührte Gebiete zu entdecken und zu erschließen, und lockt die Kundschaft mit der Aussicht auf "Natur pur".

Fehler, die in einem Land gemacht wurden, wiederholen sich in anderen Regionen.

Kurzfristiges Gewinnstreben ist leider noch immer stark verbreitet, wird sich aber - so makaber dies klingen mag - dank Umweltkatastrophen wie Algenpest, Baumsterben, Sehundsterben, mit Bakterien verseuchten Stränden und ähnlichem in Zukunft nicht mehr halten lassen.

Hier einige Exemplarische Beispiele für weltweit immer mehr zunehmende Umweltschäden:


1.2. Wasserverschwendung und -verschmutzung

- Wasserverschmutzung durch Fäkalien, sonstige Abfälle und Teer-Rückstände, ebenso die Verschmutzung der Badestrände und an Landschaft und einheimischen Baustil unangetastet z.T. strandnahe Bebauung (Bettensilos); Verbauung von Landschaft und Natur;

- Algen und Tang;

- gigantische Wasserverschwendung in wasserarmen Regionen durch Touristen, die oft die Existenz der dort lebenden Menschen gefährden oder sogar vernichten. Bsp. "Rotel-Tours" wird Rücksichtslosigkeit vorgeworfen: Das rollende Hotel (Motto: "Dem Abenteuer auf der Spur") ist in so manchen Oasen der Sahara mehr gefürchtet als ein Heuschreckenschwarm. Während kurzer Rast mietet die Reiseleitung zwei Zimmer, in denen dann vierzig Leute duschen und die Wasservorräte trockenlegen

- ein anderes Beispiel: Urfa in der Osttürkei. Hotels sind mit Wasseranschluss versehen, während große Teile der Bevölkerung Trinkwasser aus Tankwagen erhalten!


1.3. Umweltschäden in der Luft (durch Flugzeuge)

- je Kilogramm verbranntem Kerosin entstehen 3,2 Kg Kohlendioxid und 1,25 Kg Wasserdampf; jährlich werden durch Flugzeuge 140 Mill. Tonnen Kerosin verbraucht!

- durch die Verbrennung entstehendes Stickoxid zerstört die Ozonschicht oberhalb 15 km;

- Wasserdampf läßt die Sonnenwärme herein, die Wärmerückstrahlung nicht gleichermaßen hinaus. Folge: Treibhauseffekt, Erd- und dadurch Wassererwärmung, Schmelzen der Polarmeere.

- Es gibt über die Auswirkungen der Luftfahrt auf die Umwelt zuwenig Untersuchungen (Lufthansa-Jahrbuch);


1.4. Umweltschäden im Gebirge

- In der Flut der Touristenströme drohen die Alpen (von den Karawanken im Osten bis zu den Pyrenäen im Westen) unterzugehen.

In den Urlaubsregionen Europas werden in den nächsten Jahren ca. 30 - 40 Mio. Besucher aus den ehemaligen Ostblockstaaten erwartet, die vor allem in die Berge drängen.

Folgen:

- kurzzeitige Steigerung des Verkehr- und Landschaftsverbrauchs;

- Staus auf Straßen, an Liften und Überfüllung der Pisten und Hotels;

- Preisanstieg als Mittel der touristischen Begrenzung;

- Umweltschäden durch Trekking im Gebirge, z. B. in sog. Dritten Welt - Ländern;

- Lawinen- und Murengefahr durch Bodenerosionen;


1.5. Tourismus und Menschenrechte

"Sind die Touristen nur nicht informiert, oder ist es ihnen egal, ob sie in Länder reisen, in denen die Menschenrechte verletzt werden?" (FAZ 14.03.91 Reisen Verpflichtet nicht. Zu einer Podiumsdiskussion "Tourismus contra Menschenrechte")

Problem:

Menschenrechtsverletzungen sind durch Medien und Publikationen von AI bekannt, werden in Reiseliteratur selten bis gar nicht angesprochen, von Reiseleitern manchmal, von einheimischen Reiseleitern gar nicht oder verzerrt dargestellt. So erlebt bei einer Reise durch die Osttürkei 1990: Genozid an den dort früher lebenden Armeniern, Unterdrückung von Sprache und Kultur, Kampf gegen die Kurden, Folter politischer Häftlinge;

- Tourismus als Devisenbringer für den Krieg gegen einzelne Volksstämme;

- zwangsweise Umsiedlungen, die Einheimische aus ihren angestammte Gebiete zugunsten von Touristen verdrängen;

- Verführung der Kinder zum Betteln;

- Sex-Tourismus und AIDS;

- reißerische und menschenverachtende Darstellungen von Einheimischen auf Hochglanzprospekte der Tourismusindustrie; Quelle: "Paradies erschlossen - Grün kaputt"


2. Wachsende Sensibilität für Umweltprobleme in Urlaubsregionen

Ergebnisse der Reiseanalyse von 1989 des Studienkreises für Tourismus in Starnberg:

- 1985 bemerkten 3 von 10 bundesdeutschen Touristen Umweltprobleme während ihrem Urlaub

- 1988/89 waren es bereits 60 %

- Ursachen für die Steigerung: einerseits die gestiegene Umweltsensibilität, andererseits sind die oft durch den Tourismus mit verursachten Schäden wie dreckige Strände, schmutziges Meerwasser, verbaute Landschaft etc. mittlerweile unübersehbar geworden.

- 80% waren der Ansicht, daß in den meisten Urlaubsgebieten der Tourismus zu starken Belastungen von Einheimischen, Natur und Umwelt beiträgt (aus Reiseanalyse 1987, Sonderfrage)

- die Schuld daran geben sie:

den Verantwortlichen in den Zielgebieten;

den Reiseveranstaltern und Reisebüros;

den Touristen selbst.

 

- 76% sind der Meinung, daß die Touristen selbst zuwenig auf die sozialen und ökologischen Probleme achten, die sie verursachen.

- 66% machen die Reiseveranstalter und Reisebüros für die durch Tourismus entstandenen Probleme verantwortlich.

- 56% sind der Meinung, die Urlaubsgebiete selbst kümmerten sich zuwenig um die Erhaltung von Natur und Umwelt.

- 84% meinen, wenn in einem Urlaubsgebiet die Natur zerstört ist, sollte man sich ein intaktes Gebiet aussuchen.

Die vorgenannten Ergebnisse verdeutlichen, daß der Zustand der Umwelt in den Urlaubsgebieten für viele Touristen ein immer wichtigeres Kriterium wird, um sich für oder gegen ein bestimmtes Urlaubsziel auszusprechen.

Eine andere Untersuchung des StfT Starnberg beschäftigte sich mit der Frage, wieviele Bundesbürger sich für umwelt- und sozialverträglichen Tourismus interessieren.

- mehr als 90% sind der Meinung, Natur und Umwelt sollten im Urlaubsgebiet möglichst schonen, selbst wenn die Einheimischen dies nicht tun.

- mehr als 90% sind der Meinung, daß die Sitten, Gebräuche und Gefühle der Einheimischen zu respektieren seien.

- Über 80% meinen, man solle sich auf einer Urlaubsreise Zeit lassen, die gemachten Eindrücke zu verarbeiten, auch wenn dadurch ein Programmpunkt ausfällt.

- 64% würden auf das eigene Auto bei der ein oder anderen Reise verzichten, wenn die "öffentlichen Verkehrsmittel zum/im Urlaubsgebiet schneller, billiger, bequemer wären.

- 47% wären bereit, sich im Urlaub mehr anzupassen und auf gewohnten Lebensstil und Komfort zu verzichten.

- 20% der Bundesbürger ab 14 (10 Mio.) und 20% der Urlaubsreisenden (6 Mio.) Können als sanftes Potential angesehen werden, da sie uneingeschränkt diese Meinung vertraten.


Literaturangaben

aus "Paradies erschlossen - Grün kaputt. Kaum Hinweise auf Umweltprobleme in den Prospekten der Reiseveranstalter"

FVW 15.1.91: "Alle Forscher sind sich einig über die Klima-Folgen"

FVW 7/92 v. 16.03.92 "Alpentourismus. Handeln statt theoretisieren"

FVW, 16.03.92 "Menschenrechte. Noch kein Thema im Tourismus?"

vgl. a. FVW vom 4.12.90 "Touristen sehen sich selbst als wesentliche Verursacher

Spielraum 1/1991 "Sanfte Planung für eine neue kommunalpolitische Planung"

aus "Spielraum 1/1991" "Sanfte Planung für eine neue kommunalpolitische Planung"

ADAC "Mehr wissen - mehr Handeln"


 
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